Sébastien Simonet

Ein Serienmörder fast wie Du und ich…

18. Januar 2019

Der als jüngster Pilot bekannt gewordene Dellen Millard wurde 2018 nach drei Morden als erster Kanadier zu einer Freiheitsstrafe von 75 Jahren ohne Möglichkeit auf eine frühzeitige Entlassung verurteilt.

Im Unterschied zu vielen anderen Serienmördern war sein Lebensweg aber nicht von Missbrauch, Armut und traumatischen Ereignissen gepflastert. Ganz im Gegenteil besuchte er Privatschulen, ging teuren Hobbies nach und konnte auf hingebungsvolle Eltern zählen.

Je älter er wurde, desto weniger gab er sich allerdings mit seinem Leben zufrieden und verspürte zunehmend das Bedürfnis, riskanten Hobbies und Aktivitäten (Fallschirmspringen, Autorennfahren, etc.) nachzugehen. Nachdem er eine Reihe rechtschaffene Jobs ausgeübt hatte, glaubte er endlich seine wahre Bestimmung gefunden zu haben – den Diebstahl.

Als ihm Raubüberfälle nicht mehr genügten, entschied er sich schliesslich für das Morden.

Wie kam es aber dazu, dass Millard, der in einem eher intakten Umfeld aufwuchs, innerhalb eines Jahres drei Menschen (den eigenen Vater, die Ex-Freundin und einen Unbekannten) umbrachte?

Gibt es dazu Hinweise in seiner Kindheit?

Während seiner Jugend war es offenbar kein zu viel an Liebe, die er bekommen hatte – davon kann es wohl nicht genug geben. Dafür aber möglicherweise ein zu viel an Lob und Anerkennung? Die Forschung (siehe z.B. Dr. Eddie Brummelman et al., 2015) zeigt, dass die Überbewertung von Kindern, die von ihren Eltern immer wieder hören, wie besonders und aussergewöhnlich sie sind, dazu führen kann, dass diese ein Gefühl der Überlegenheit entwickeln, das wiederum die Manifestation einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung begünstigen kann.

Nachfolgende 3 Fallen gilt es demnach zu vermeiden, um Fehlentwicklungen vorzubeugen, die im weiteren Lebensverlauf ganz schlimme Folgen nach sich ziehen können: 

1) Niemand ist so besonders wie Du
Die Entwicklung eines Kindes wird nicht gefördert, wenn es ständig hört, dass es in übertriebenem Masse über Eigenschaften verfügt, welche es von anderen abhebt. Untersuchungen zeigen, dass Kinder von Eltern, welche die Fähigkeiten ihrer Kinder überschätzen, keinesfalls schlauer oder aussergewöhnlicher sind als andere Kinder. Millard’s Mutter verglich die Geburt ihres Sohnes beispielsweise mit der Szene aus dem «König der Löwen», als Mufasa der Welt den neuen König der Löwen zur Bewunderung präsentiert.

2) Regeln gelten für Dich nicht
Wohlgesinnte Eltern verwechseln manchmal Liebe mit Nachsicht. Selbstbezogenes, unsensibles und rücksichtsloses Verhalten wird nicht berichtigt, sondern einfach geduldet. Ein Kind wächst dann ohne Gefühl für Recht und Unrecht auf, kennt keine Reue oder Gewissensbisse. Als Erwachsener kannte Millard z.B. kaum Freundschaften, sondern umgab sich stets mit Gefolgsleuten, die nie zu gleichwertigen Partnern wurden, sondern immer nur Verehrer seines Charmes und/oder seines finanziellen Erfolgs blieben.

3) Die Welt versteht Dich nicht
Wenn Eltern das Fehlverhalten ihres Kindes ständig leugnen, immer andere dafür verantwortlich machen, keinerlei Kritik an dessen Verhalten dulden, erstaunt es kaum, dass ein Kind dann auch selbst auch keine Bereitschaft zeigt, Verantwortung für Fehler zu übernehmen. Selbst nach der Verurteilung von Millard für drei skrupellose Morde blieb seine Mutter bis zuletzt überzeugt, dass ihr Sohn hereingelegt wurde.

Zusammenfassung
Selbstverständlich machen Eltern in der Erziehung ihrer Kinder nicht immer alles richtig; daraus resultiert noch lange kein «Monster». Offenbar gibt es aber Botschaften von Eltern, die dazu führen können, dass sich ein noch so empathiefähiges Kind zu einem gefährlichen Erwachsenen entwickelt, wenn noch einige andere Faktoren dazu kommen. 

Mehr dazu finden Sie im Artikel der forensischen Psychologin Joni E. Johnston

Zur Herkunft des Narzissmus bei Kindern

Berichterstattung über den Fall Dellen Millard 

Sébastien Simonet

Lic. Phil
Arbeitspsychologe