Tanja Schneider

19 Arten zu lächeln

20 Mai 2017

Von den 19 Arten von Lächeln, die ein Mensch auszudrücken in der Lage ist, widerspiegeln nur 6 positive Emotionen. 

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts führten aus heutiger Perspektive ethisch zweifelhafte Experimente zur Feststellung, dass Menschen auch bei Schmerzen, Gewalt und in anderen beängstigenden Situationen mit einem Lächeln reagieren können.

Wir lächeln also nicht nur, weil wir uns freuen und glücklich sind, sondern auch dann, wenn wir verlegen sind, uns unwohl fühlen, Verachtung bzw. Verärgerung ausdrücken möchten oder lügen. Während ein ehrliches Lächeln von innen kommt, sagt das «falsche» Lächeln kaum etwas über den inneren Zustand einer Person aus, als viel mehr über die Absicht der Person, etwas bewusst nach aussen zu tragen.

Obwohl seit Duchenne bekannt ist, dass ein «genuines» Lächeln nur zwei Muskeln beansprucht (dabei handelt es sich um eine unwillkürliche Gesichtsmuskelbewegung, bei der durch eine Kontraktion des grossen Jochbeinmuskels die Mundwinkel nach oben gezogen werden und meist die “Krähenfüsse” um die Augen auftauchen), gibt es allerdings auch kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung eines «echten» Lächelns, welche die Frage erneut aufwirft, ob und inwiefern z.B. Gesichtsausdrücke angeboren oder aber erlernt sind?

Lächeln aus Angst
Auch wenn heute das «echte» Lächeln völlig natürlich wirkt, gibt es Hinweise dafür, dass es aus einem ganz anderen Gefühl herausgewachsen ist. Wenn Bonobos (oder Zwergschimpansen) z.B. Angst empfinden, dann zeigen sie ihre Zähne und ziehen ihre Lippe so nach hinten, dass der Eindruck eines Lächelns entsteht. Diesen Ausdruck findet man übrigens häufig auf Geburtstagskarten, aber in der Tierwelt steht dieser für Unterwerfung und soll überlegene Menschenaffen besänftigen. Auch beim Menschen gibt es Hinweise dafür, dass Personen eines niedrigeren sozialen Status in Anwesenheit von Personen mit höherem Status häufiger lächeln.

Lächeln aus Trauer
In einer Studie fanden Forscher (Landis et al.) heraus, dass depressive Menschen und Menschen, die sich z.B. einen Horrorfilm anschauten ein asymmetrisches Grinsen zeigten, das als Ausdruck von Trauer oder Schmerz offenbar nicht erlernt, sogar angeboren ist. Bei der Analyse von über 4’800 Fotos von Athleten an olympischen Spiele wurde dieser Ausdruck sehr häufig bei Silbermedaillengewinner/innen beobachtet, die zuvor in einem Finale verloren hatten. 

Das gedämpfte Lächeln
Auch wenn in den meisten westlichen Kulturen das öffentliche Lächeln heute zelebriert wird, galt es im 17. Jahrhundert noch als unangebracht und den «Armen» überlassen, ihre Gefühle so zum Ausdruck zu bringen. Im Laufe der Zeit lockerte sich dieser Zwang Freude zu verbergen, in gewissen Kulturen stärker als in anderen. Dadurch entstand z.B. das Lächeln mit den Augen in Japan, da die Muskulatur im Mundbereich besser beeinflusst werden kann, als jene im Bereich der Augen.

Das verlegene Lächeln 
Das verlegene Lächeln ähnelt dem gedämpften, nur das es zusätzlich errötete Wangen, einen leicht nach unten geneigten und nach links gewandten Kopf in einer entsprechend unangenehmen/peinlichen Situation beinhaltet.

Das qualifizierende Lächeln
Dabei geht es um das Lächeln, das der Verwaltungsangestellte aufsetzt, wenn er Ihnen nach einer halben Stunde Wartezeit erklären muss, dass Sie sich erst ein Formular am Schalter 5B holen müssen, bevor er Sie bedienen kann. Es dient meist der Abschwächung einer unangenehmen Nachricht, wirkt meist irritierend und zwingt das «Opfer» dazu, entsprechend zurück zu lächeln («compliance» oder Zustimmungs-Lächeln). 

Das verachtende Lächeln
Beim verachtenden Lächeln wird eine Mischung aus Ekel, Unmut und Missgunst vermittelt. Obschon es viel Ähnlichkeit zum Ausdruck wahren Vergnügens aufweist, werden dabei die Lippen im Bereich des Mundwinkels enger gemacht. In gewissen Kulturen (z.B. im ostasiatischen Raum) wird die Verärgerung mit einem Lächeln überdeckt, um die soziale Harmonie nicht zu gefährden.

Das Lächeln aus Schadenfreude
Offenbar scheinen wir dieses Lächeln eher in Anwesenheit Dritter zu demonstrieren; ganz alleine drücken wir dieses Gefühl eher mit dem «echten» oder genuinen Lächeln aus. Wir reichern also das «echte» Lächeln um eine zusätzliche Emotion (hier Wut/Ärger, aber möglich sind auch Furcht, Missgunst oder Trauer) an, um eine entsprechende Wirkung bei anderen zu erzielen.

Das falsche Lächeln
Bisher ging man gemäss Duchenne davon aus, dass es ausreichte, auf die Augenpartie zu achten, um ein falsches von einem echten Lächeln zu unterscheiden. Neuste Untersuchungen zeigen allerdings, dass rund 71% der Menschen in der Lage sind, ihre Augenwinkel bewusst zu kontrahieren. 

Eine Studie aus dem Jahr 2013 zeigte des Weiteren, dass ein falsches Lächeln in einen Spiegel eines Modegeschäfts die Wahrscheinlichkeit erhöhte, die anprobierten Kleidungsstücke dann auch tatsächlich zu kaufen.

So einfach scheint es nicht zu sein, ein «echtes» Lächeln zu erkennen, dazu gehört es z.B. auch zu prüfen, wie abrupt oder zu zögerlich es auftritt, zu früh oder zu lange vor einer entsprechenden Aussage einsetzt, etc. 

Das kokette Lächeln
Dabei geht es um das Lächeln, das schon Leonardo Da Vinci in seinem berühmten Bild der Mona Lisa einfing. Dieses Lächeln hat mit Anziehung und Flirten zu tun und beinhaltet erst ein strahlendes Lächeln mit einem Blick in die Weite, gefolgt von einem seitlichen, peinlichen Blick zur Seite und schliesslich ein rasches Abwenden der Augen von der Zielperson.

https://www.bbc.com/future/article/20170407-why-all-smiles-are-not-the-same

Tanja Schneider

MSc.
Arbeits- und Organisationspsychologin